In Zeiten der Klimakrise und des rasch fortschreitenden Artensterbens stellt sich die Frage, ob das Ökosystem Wald noch zur Nutzung als Energiequelle dienen sollte. Neben der Holzgewinnung werden an unsere europäischen Wälder von verschiedenen Seiten weitere Nutzungswünsche gestellt, die teilweise und auch in ihrem Zusammenwirken den Erhalt der Wälder zusätzlich zu den Klimaveränderungen gefährden können. Im Folgenden werden die wesentlichen Nutzungswünsche beleuchtet und aus Sicht der Energie- und Klima-Allianz Forchheim (EKA) bewertet.
Als wesentliche Nutzungswünsche an die Wälder werden die folgenden Punkte betrachtet:
Lebensraum für Wildtiere und Pflanzen
- Erholungsraum für Menschen
- Wald als Wirtschaftsfaktor
- Schutzfunktionen wie Wasserschutz, Luftreinhaltung und Lawinenschutz
- Flächen für Windkraftanlagen in Wäldern
- Wald soll als CO2-Senke fungieren
- Lieferant von Brennstoff, Baustoff und Rohstoff
Bereits in dieser Übersicht wird deutlich, dass die Nutzungswünsche 1. – 7. teilweise konkurrierend sind, sodass zwingend priorisiert oder anteilig gewichtet werden muss, beispielsweise durch räumlich unterschiedliche Schwerpunkte der Nutzung im Sinne einer integrativen Waldwirtschaft. Allen Wünschen ist dabei gemeinsam, dass der Wald als oberste Aufgabe in Zeiten einer rasant voranschreitenden Klimakrise vor allem erhalten werden muss. Aus Sicht der EKA sind daher diejenigen Ziele zu priorisieren, die die Chancen auf einen Erhalt des Waldes verbessern.
Fazit:
Um den Erhalt des Waldes in Zeiten der Klimakrise zu sichern, betont die Energie- und Klima-Allianz Forchheim (EKA) die Notwendigkeit aktiver Klimaschutzmaßnahmen, die die Klimakrise aufhalten oder zumindest verlangsamen und damit auch die Belastungen für unsere Wälder reduzieren. Ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Umgang mit dem Wald ist unentbehrlich, um seine vielfältigen ökologischen, ökonomischen und sozialen Funktionen zu gewährleisten.
Die EKA spricht sich daher für gezielte Maßnahmen zum Waldumbau aus, um die Wälder an die sich verschärfenden klimatischen Bedingungen anzupassen. Dies erfordert eine forstwirtschaftliche Bewirtschaftung, die die Wälder stabilisiert und die Holzernte schwerpunktmäßig auf langlebige Produkte lenkt, um die CO₂-Bindung möglichst lange zu erhalten. Die energetische Nutzung sollte sich auf nicht anderweitig verwertbare Holzsortimente beschränken, während die Entwicklung stofflicher Nutzungsmöglichkeiten von Holz in langlebigen Produkten gefördert werden muss.
Eine sachgerechte Planung kann es ermöglichen, für konkurrierende Nutzungsansprüche die Balance zwischen den Bedürfnissen von Mensch, Natur und Klimaschutz zu sichern.
Wichtig ist es jedoch zu betonen, dass die deutschen Wälder kein Potenzial als CO2-Senke über einen weiteren Vorratsaufbau besitzen. Vielmehr kann die nachhaltige Nutzung des Holzes aus unseren Wäldern – bei Verwendung des Holzes in langlebigen Produkten – dazu beitragen, CO2 mittelfristig zu binden. Damit darf eine CO₂-Senkenwirkung über einen Aufbau von Holzvorrat auch nicht auf die heute übliche Weise in Klimabilanzen eingerechnet werden.
Zu 1.: Lebensraum für Wildtiere und Pflanzen
Naturschutzverbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) fordern, den Lebensraum Wald für Wildtiere und Pflanzen zu erhalten oder zu verbessern. Es gilt, nicht vorhersehbare Auswirkungen auf Ökosysteme zu vermeiden, die nicht nur für den Menschen überlebenswichtig sind. Letztlich ist auch die Nahrungsmittelversorgung von funktionierenden Ökosystemen abhängig. Auf Grund der komplexen Zusammenhänge ist heute kaum abschätzbar, wie sich ein Wegfall einzelner Ökosysteme auf die Gesamtheit auswirken kann. Eingriffe in unsere Wälder sollten deshalb nach Möglichkeit vermieden werden. Diese Forderung ist allerdings in Zeiten der rasch fortschreitenden Klimakrise nicht einzuhalten, da unsere Gesellschaft den nachwachsenden Ökorohstoff Holz dringend benötigt und zum Erhalt der Wälder ein Umbau auf klimaresiliente Wälder forstwirtschaftliche Eingriffe erfordert.
Zu 2.: Erholungsraum für Menschen
Viele Menschen brauchen den Wald zur Erholung. Seine wohltuende Wirkung erstreckt sich auf Physis und Psyche der Menschen. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig der Wald für das körperliche Wohlbefinden der Menschen sein kann. Die Nutzung der Wälder zu Erholungszwecken ist daher ebenfalls ein wichtiges Ziel. Es ist aber notwendig, eine ausgeglichene Balance zwischen Freizeitnutzung und dem Erhalt der Wälder zu finden. Übermäßiger Freizeitdruck kann das Ökosystem Wald empfindlich stören. Zonen unterschiedlicher Nutzung helfen, zwischen konkurrierenden Nutzungswünschen zu vermitteln.
Man kann nur schützen, was man auch kennt. Daher wird verstärkte Umweltbildung im Wald begrüßt. Waldpädagogische Angebote und forstliche Bildungsarbeit gewinnen im Zuge der zunehmenden Naturentfremdung der Menschen weiter an Bedeutung.
Zu 3.: Wald als Wirtschaftsfaktor
Der Wald ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Sowohl in der Waldbewirtschaftung selbst als auch in den Betrieben der Holzverarbeitung bestehen in Deutschland im Cluster Forst und Holz eine große Zahl an Arbeitsplätzen. Ein größerflächiger Nutzungsverzicht, wie er für eine deutliche Stärkung des Lebensraums für Wildtiere und Pflanzen (Punkt 1.) gefordert wird, wäre daher auch mit erheblichen Verwerfungen in diesen Bereichen verbunden. Die verstärkte Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz beispielsweise im Gebäudebau kann energieintensive Baustoffe ersetzen und zur energetischen Sanierung von Gebäuden einen wichtigen Beitrag liefern.
Zu 4.: Schutzfunktionen wie Wasserschutz, Luftreinhaltung und Lawinenschutz
Der Wald erfüllt in vielen Bereichen wichtige Schutzfunktionen für Wasser und Luft, bietet beispielsweise aber auch Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen. Diese Schutzfunktionen wären vor allem durch einen großflächigen Ausfall des Waldes gefährdet und werden nur von stabilen Misch-Wäldern nachhaltig erfüllt. Dazu müssen die noch nadelbaumdominierten Bestände mit Laubbäumen angereichert werden, um eine möglichst diverse Struktur zu etablieren.
Zu 5.: Flächen für Windkraftanlagen in Wäldern
Für eine klimaneutrale, sichere und damit jederzeit verfügbare Energieversorgung muss Windkraft einen bedeutenden Beitrag leisten. Standorte im nahen Umfeld von Siedlungen werden von manchen Menschen als störend oder gar der Gesundheit abträglich empfunden. Deshalb werden für Windräder gerade auch ortsferne Standorte im Wald gesucht. Der Flächenbedarf von Windkraftanlagen ist bei gleichem Ertrag wesentlich geringer als bei Maisanbau für Biogasgewinnung oder auch Freiflächen-PV-Anlagen.
Zu 6.: Wald soll als CO2-Senke fungieren
An den Wald wurden von Seiten der Politik konkrete Zielvorgaben für die Einspeicherung von CO2 gestellt, wonach der Wald als CO2-Senke dienen soll. Da die langfristigen Speichermöglichkeiten im Waldboden beschränkt sind, bezieht sich die geforderte Senkenwirkung auf die Erhöhung des Holzvorrats (vorhandene Holzmasse in Form von lebenden Bäumen) auf den Flächen, was durch eine Reduzierung der Nutzung umgesetzt werden müsste, da Neuanpflanzungen in Deutschland nur noch in eng begrenztem Umfang möglich sind. Dem entgegen steht allerdings der dringende Bedarf eines schnellen Waldumbaus, um den Bestand an die starken Klimaveränderungen anzupassen. Diese notwendige Verjüngung und Auslichtung bedingt aber einen Vorratsabbau. Älter werdende Bestände erhöhen zudem die Gefahr von Schäden und Ausfällen ganzer Flächen, beispielsweise verursacht durch Stürme, deren Häufigkeit und Stärke durch die fortschreitende Klimakrise zunehmen. In diesen Fällen würde die Vorratswirkung abrupt verloren gehen und der Kohlenstoff sowohl der abgestorbenen Bäume als auch der Humusschicht durch Verrottung als CO2 in kurzer Zeit freigesetzt. Die CO2-Speicherung ist dagegen in langlebigen Holzprodukten über längere Zeiträume gut möglich.
Da durch Vorratsaufbau und der damit einhergehenden Alterserhöhung der Bestände auch eine Reduktion des Holzzuwachses eintritt, reduziert sich über den Verlauf des Vorratsaufbaus auch die CO2-Menge, die im Wald jährlich neu gebunden werden kann.
Insgesamt ist also die CO2-Senkenwirkung des Waldes sehr kritisch zu sehen und diese sollte nicht in die CO2-Bilanzen der Klimaziele eingerechnet werden. Durch die Unwägbarkeiten der bevorstehenden Klimaveränderungen ist fraglich, welchen Anteil der Wald selbst zur geforderten Senkenleistung erbringen kann. Es erscheint daher aktuell sinnvoll, eine Strategie des schnellen Waldumbaus zu klimaresilienten Wäldern mit einhergehender Verjüngung zu priorisieren, um die Gefahr des Totalausfalls der Waldflächen zu reduzieren. Vielmehr sollte die Nutzung des Holzes für langlebige Produkte mit langer CO2-Bindung stark im Vordergrund stehen. Eine massive energetische Nutzung kurzfristig anfallender Schadholzmengen, vor allem durch technische Umrüstung bestehender fossiler Kraftwerke, ist strikt abzulehnen, da die längerfristige Brennstoffversorgung der neuen Anlagen nicht sichergestellt werden kann.
Zu: 7. Lieferant von Brennstoff, Baustoff und Rohstoff
Holz bietet großes Potenzial als nachhaltiger Baustoff und erneuerbarer Rohstoff, der fossile Materialien ersetzen kann. Aufgrund der Möglichkeit, als nachwachsender Rohstoff sowohl für die Herstellung von Baustoffen als auch von chemischen Grundstoffen verwendet zu werden, könnte Holz einen bedeutenden Beitrag zur Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Ressourcen leisten. Zudem bindet es Kohlenstoff mittel- bis langfristig und wirkt dadurch als temporäre CO₂-Senke, wenn es in langlebigen Produkten, wie Gebäuden oder Möbeln, verarbeitet wird.
Die energetische Nutzung von Holz als Brennstoff hilft ebenfalls, fossile Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas zu substituieren und deren Kohlenstoff langfristig in den sicheren Lagerstätten unter der Erde zu belassen. Diese Substitution ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden und ihre Funktionen erhalten bleiben. Anders als bei der stofflichen Nutzung wird beim Verbrennen von Holz der zuvor gebundene Kohlenstoff kurzfristig wieder als CO₂ freigesetzt, was keine Senkenwirkung erzielt.
Daher ist es entscheidend, Holz für langlebige Produkte zu verwenden, um den im Holz gespeicherten Kohlenstoff möglichst lange zu binden. Die Nutzung von Holz als Brennstoff sollte auf nicht anders verwertbare Holzsortimente beschränkt bleiben. Zudem sollten die Ziele verfolgt werden, die stoffliche Nutzung von Holzabfällen wirtschaftlich voranzutreiben und die energetische Nutzung langfristig immer weiter zu reduzieren, um so die CO₂-Senkenwirkung von Holz weiter zu verstärken.